Bauen für Alle!

von: Rechtsanwalt Dr. Martin Theben

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Bild: Fotolia.

Der von Bärbel Reichelt verfassten Augustinfo des Spontanzusammenschlusses „Mobilität für Behinderte“ konnte entnommen werden, dass sich der neue Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Norbert Geisel (SPD), auf einer Veranstaltung der AG „Selbst aktiv – Behinderte in der SPD“ am 22. Juli 2015 verheißungsvoll zur Diskussion um die neue Bauordnung geäußert habe. Die Kritik der Betroffenen an der geplanten Novellierung der Berliner Bauordnung, so Geisel, habe Erfolg gehabt. So sei wohl der ursprünglich geplante bloße Verweis auf DIN-Normen bezüglich barrierefreien Bauens vom Tisch. Vielmehr würde es wieder konkretere Regelungen direkt im Gesetz geben. Hier darf man gespannt sein!

 

Betrachtet man sich aber die jüngsten aktuellen Diskussionen, besteht wenig Grund zur Euphorie. Das sog. „piss- in“ in der Arminius-Markthalle war zwar, weil sehr öffentlich-wirksam, ein voller Erfolg. So konnte man der letzten Ausgabe der Berliner Behindertenzeitung auch entnehmen, dass die  zuständige Bezirksbehindertenbeauftragte, Frau Knuth, das Bauamt zu einer weiteren rechtlichen Prüfung bezüglich des geforderten Einbaus eines behindertengerechten WCs in eben dieser Markthalle auffordern konnte. Denn bedauerlicherweise erwies sich der Markthallenbetreiber während der Protestveranstaltung als sehr hartleibig. Er berief sich auf die ihm seinerzeit im Jahre 2001 erteilte Baugenehmigung, die eine derartige Auflage nicht enthielt. Folglich sieht er sich nunmehr auch jetzt nicht in der Pflicht, eine behindertengerechte Toilette einbauen zu lassen. Einer ähnlichen Situation sehen sich die Betroffenen auch bezüglich der Waldbühne ausgesetzt. Die sog. Sonderlogen bieten Platz für 16 Rollstuhlfahrer und befinden sich derzeit ganz oben. Dies schränkt den Kunstgenuss der Besucher erheblich ein. Aber auch hier wird mit dem Bestandsschutz argumentiert.

Dieser immer wieder ins Feld geführte sog. Bestandsschutz ist ein Ausfluss des sich aus dem Eigentum ergebenden Grundrechtes in Artikel 14 Grundgesetz. Der Eigentümer eines Grundstückes bzw. eines Bauwerkes soll davor geschützt werden, durch nachträgliche Rechtsänderungen sein Bauwerk umzurüsten oder gar abreißen zu müssen. Allerdings gilt dieser Schutz nicht vorbehaltlos. Entscheidend ist, ob er selbst an diesem Bauwerk wesentliche Änderungen vornimmt. Dann, so sieht es auch die Berliner Bauordnung vor, muss er die mittlerweile neu geltenden Vorschriften (beispielsweise eben im Zusammenhang mit Barrierefreiheit) grundsätzlich gegen sich gelten lassen. Die Berliner Bauordnung sieht an verschiedenen Stellen, sowohl im derzeit noch gültigen § 51 als auch in § 85 Abs. 3 entsprechende Regelungen vor.

Für die beiden genannten Beispielsfälle gilt es daher, etwa in Form einer parlamentarischen Anfrage oder aber innerhalb der AG Bauen und Verkehr heraus zu bekommen, unter welcher Rechtslage konkret die seinerzeitigen Baugenehmigungen erteilt worden sind. Es ist nicht auszuschließen, dass insbesondere im Zusammenhang mit der Baugenehmigung für die Arminius-Halle unter Umständen schon damals die Verpflichtung bestanden hätte, ein behindertengerechtes WC einzubauen. Insoweit kann man das Ergebnis der Prüfung des Rechtsamts mit Spannung erwarten. Es gilt aber letztendlich auch, sich hier nicht allein auf die optimistisch klingenden Worte der Politik zu verlassen. Allein an ihren Taten sind sie zu messen.

 

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