Die Beauftragten der Länder und des Bundes für die Belange von Menschen mit Behinderungen haben sich gestern und heute zum 52. Mal getroffen, um über aktuelle Themen der Behindertenpolitik zu diskutieren. Sie befassten sich bei ihrer Zusammenkunft in Bremen schwerpunktmäßig mit der Weiterentwicklung der Psychiatrie auf Bundes- sowie Landesebene.
In der gemeinsamen Bremer Erklärung fordern die Beauftragten Politik, Verwaltung sowie allen übrigen Beteiligten in Deutschland auf, die Psychiatrie im Sinne der UN-BRK weiterzuentwickeln. Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Verena Bentele, sagte zu der Bremer Erklärung: „Für meine Kolleginnen und Kollegen der Länder und mich ist entscheidend, dass das kommende Bundesteilhabegesetz für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen nicht zu Einschränkungen von Leistungen zur Teilhabe führen darf. Es geht um Selbstbestimmung und Inklusion – das muss das BTHG gewährleisten.“
Die Bremer Erklärung betont folgende Aspekte:
- Änderung des Betreuungsrechtes – Weg von der ersetzenden Entscheidungsfindung, hin zur unterstützenden Entscheidungsfindung
Die Beauftragten fordern die Entwicklung des Betreuungswesens hin zu einem System der unterstützten Entscheidungsfindung, das Wille und Präferenzen der Menschen mit Behinderungen immer fördert und respektiert. Dazu können auch rechtliche Änderungen gehören.
- Den Grundsatz „Ambulant vor stationär“ auch im psychiatrischen Unterstützungssystem verstärkt umsetzen
Das bedeutet, eine aktiv aufsuchende Behandlung von psychisch und seelisch beeinträchtigten Menschen im häuslichen Umfeld muss zur Regel werden. Auch unter den Gesichtspunkten der Prävention und Rehabilitation sind niedrigschwellige, ambulant aufsuchende Dienste mit Unterstützungs-, Behandlungs- und Rehabilitationsangeboten zur Verfügung zu stellen.
- Schutz der Unversehrtheit der Person – Alternativen zur Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung entwickeln
Nach Artikel 17 der UN-BRK hat jeder Mensch mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf Achtung seiner körperlichen und seelischen Unversehrtheit. Artikel 16 der Konvention verlangt Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und nach Artikel 14 darf das Vorliegen einer Beeinträchtigung keinesfalls zu freiheitsentziehenden Maßnahmen führen.
Die Zahl der Unterbringungen nach den Psychisch-Krankengesetzen steigt jedoch seit Jahren kontinuierlich. Dies steht im Widerspruch zur Behindertenrechtskonvention.
- Recht auf Gesundheit – Versorgung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und psychischen Erkrankungen
Im derzeitigen psychiatrischen Unterstützungssystem gibt es deutliche Versorgungsdefizite in Bezug auf die Gruppe von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen (sogenannter geistiger Behinderungen), die gleichzeitig psychische Beeinträchtigungen haben.
- Beteiligung von Menschen mit Behinderungen – Den Leitgedanken „Nichts über uns ohne uns“auch bei der Weiterentwicklung der Psychiatrie beachten und umsetzen
Eine Debatte auf Augenhöhe wird zu einem stärkeren gegenseitigen Verständnis sowie mit Blick auf das System der psychiatrischen Versorgung voraussichtlich zu einer Haltung führen, die einer Weiterentwicklung im Sinne der UN-BRK offen gegenübersteht.