Berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Übergang aus Werkstätten für behinderte Menschen auf allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern

von: Berliner Behindertenzeitung

Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten, sollen bessere Chancen bekommen, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu wechseln. Bislang gelingt dies nur sehr selten. Um diesen Übergang und damit die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, hat das Sozialministerium eine Kooperations- und Zielvereinbarung mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Brandenburg, der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Brandenburg sowie dem Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV) abgeschlossen. In Brandenburg gibt es 28 anerkannte WfbM, in denen rund 11.500 Menschen mit Behinderungen arbeiten.

Mit der Kooperation wird eine weitere Maßnahme des „Behindertenpolitischen Maßnahmenpaketes 2.0“ der Landesregierung umgesetzt. Grundlage sind die Ergebnisse der Brandenburger WfbM-Studie, die im Auftrag des Sozialministeriums und des LASV im Jahr 2015 veröffentlicht wurde. Die Studie zeigte, dass in Brandenburg im Durchschnitt jährlich nur rund 20 Beschäftigte aus einer WfbM in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechseln.

Sozialministerin Diana Golze: „Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf eine gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Arbeit. Werkstätten für behinderte Menschen leisten einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Teilhabe. Sie bieten Akzeptanz, Verdienst und Sicherheit für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Die dort geleistete Arbeit ist gesellschaftlich notwendig, anerkannt und wird geschätzt. Werkstätten bleiben deshalb auch in Zukunft unverzichtbar. Aber sie dürfen keine Sackgasse sein. Es muss gelingen, dass von hier aus viel mehr Beschäftigte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Stelle finden. Es gibt gute Alternativen zur ‚klassischen‘ Werkstattbeschäftigung. Die Gestaltung von Übergängen ist aber ein komplexes Aufgabenfeld von verschiedenen Akteuren.“

Bernd Reinicke, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Brandenburg: „Der Übergang von Menschen mit Behinderungen aus anerkannten Werkstätten kann noch häufiger gelingen, wenn alle Akteure aus Werkstätten, Sozialhilfeträger und Landesbehörden gemeinsam mit Betrieben des ersten Arbeitsmarktes gemäß dem Wunsch der Betroffenen zielgenau und nachhaltig zusammenarbeiten. Die Werkstätten für behinderte Menschen wollen und werden sich in den Prozess der Weiterentwicklung des Übergangs von Menschen mit Behinderungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gern aktiv einbringen. Die gemeinsame Kooperations- und Zielvereinbarung ist dafür eine gute Basis.“

Roland Seeger, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Brandenburg: „Wir freuen uns über die Initiative. Dadurch kann das Angebot an Arbeit für die Beschäftigten aus den Werkstätten vielfältiger werden und sich die Chancen auf einen gut bezahlten Arbeitsplatz erhöhen. Das ist aber genau der Kernpunkt: Die Angebote sollten vielfältig, sicher und verlässlich sein. Damit meine ich nicht nur in eine Art Praktikum hinauslaufen, sondern zu dauerhaften Arbeitsplätzen führen. Dafür wollen wir uns als Vorstand der LAG der Werkstatträte Brandenburg einsetzen.“

LASV-Präsidentin Liane Klocek: „Mit der Vereinbarung wird der offene, konstruktive und vernetzte Dialog wichtiger Akteure im Sinne der Rheinsberger Fachtagung vom Sommer 2015 weiter fortgesetzt. Das LASV hat in diesem Prozess zwei sehr wichtige Aufgaben. Zum einen wird das Integrationsamt des LASV zuverlässiger Ansprechpartner für schwerbehinderte Menschen aus der Werkstatt und ihre Arbeitgeber sein, wenn sie sich auf den Weg zum ersten Arbeitsmarkt machen und gemeinsam neue Teilhabechancen erschließen. Insbesondere sehe ich hier Perspektiven zum Ausbau des Beschäftigungsangebotes unserer Brandenburger Inklusionsbetriebe. Zum anderen bietet das LASV schon länger schwerbehinderten Menschen aus der WfbM Möglichkeiten sich innerhalb der Behörde auf Praktikumsplätzen bzw. ausgelagerten Arbeitsplätzen zu erproben, auch mit bereits erfolgreichem Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Unsere diesbezügliche Zusammenarbeit mit den Brandenburger WfbM ist dabei schon jetzt ein gutes Beispiel für gelingende Inklusion.“

Mit der Kooperationsvereinbarung sollen die beruflichen Teilhabeangebote für Menschen mit Behinderungen erweitert werden. So sollen Werkstatt-Beschäftigte mehr Möglichkeiten erhalten, sich für betriebsnahe Alternativen wie zum Beispiel Außenarbeitsplätze, betriebliche Praktika, dauerhaft ausgelagerte Arbeitsplätze bis hin zum schrittweisen Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entscheiden zu können. Dafür soll unter anderem ein spezifisches Management für den Übergang im Land Brandenburg aufgebaut werden, das die verschiedenen Förderprogramme und individuellen betrieblichen Qualifizierungsmöglichkeiten berücksichtigt.

„Die Durchlässigkeit der Werkstatt impliziert dabei zweierlei: die Übergangsoption in geeignete alternative Angebote auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, aber auch ein Rückkehrrecht in die Werkstatt“, heißt es in der Vereinbarung.

Bereits im Jahr 2017 hat das Sozialministerium mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit und dem LASV zur gemeinsamen Umsetzung des neuen Landesförderprogramms „Inklusive Ausbildung und Arbeit im Betrieb“ und des Bundesprogrammes „Inklusionsinitiative II – Alle im Betrieb“ unterzeichnet. Damit sollen bis zum Jahr 2021 zusätzlich 160 neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit einer Schwerbehinderung geschaffen und der Übergang aus einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert werden. So ermöglicht das Landesprogramm neue Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen in Betrieben. Unter anderem werden Arbeitgeber in Form eines Lohnkostenzuschusses in Höhe von bis zu 30.000 Euro in fünf Jahren dabei unterstützt, schwerbehinderte Menschen einzustellen.

Für das Landesprogramm stehen insgesamt 3,8 Millionen Euro aus Mitteln der Ausgleichsabgabe des Landes zur Verfügung, für die Umsetzung des Bundesprogramms kann Brandenburg bis zu 4,2 Millionen Euro aus dem Schwerbehinderten-Ausgleichsfonds des Bundes erhalten.

In Brandenburg gibt es 28 anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen, in denen rund 11.500 Menschen mit Behinderungen arbeiten. Alle Werkstätten sind Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen Brandenburg (LAG WfbM). Die Interessen der Beschäftigten werden durch gewählte Werkstatträte vertreten, die sich in der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Brandenburg (LAG WR) vereint haben.

Mit der Kooperation werden Empfehlungen einer Studie, die im Auftrag des Sozialministeriums und des LASV die Beschäftigungssituation in WfbM im Land Brandenburg untersuchte, umgesetzt. Die Studie „Rahmenbedingungen für den Übergang aus Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt – Untersuchung der Beschäftigungssituation in WfbM im Land Brandenburg“ wurde im Sommer 2015 vorgestellt und ist auf der Internetseite des Sozialministeriums veröffentlicht: www.masgf.brandenburg.de/media_fast/4055/Brandenburger%20WfbM-Studie_Juni%202015.pdf.

Die Kooperationsvereinbarung ist auch in Leichter Sprache für Menschen mit Behinderungen veröffentlicht:

www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.546206.de