Der Berlin Rat-Geber erscheint erstmals in leichter Sprache

von: Carola Lymants

Rat-Geber Kopie

Tobias fährt mit dem Finger langsam über den Text, den er lesen will. Jeden Buchstaben muss er zuerst einzeln erkennen. Er kämpft sich mühsam durch den Abschnitt. Durch seine Lernschwäche fällt es ihm schwer, den Lesestoff zu bewältigen.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) in Berlin gibt den „Berliner Rat-Geber“ erstmals in leichter Sprache heraus. Dadurch ist es für Menschen, die wie Tobias eine kognitive Beeinträchtigung haben, leichter, sich zurechtzufinden. Andere Personengruppen werden von dieser neuen Broschüre ebenfalls profitieren. In unserem Land leben viele Menschen mit Migrationshintergrund. Sie werden in Zukunft leichteren Zugang zu dem Thema „leben mit einer Behinderung“ haben.
Der Senator für Gesundheit und Soziales, Mario Czaja, erklärt, dass derzeit rund 592.000 behinderte Menschen in Berlin registriert sind. Dies bedeutet, dass circa jeder sechste Einwohner von Berlin Kunde beim Versorgungsamt ist. „Der Service des Landesamtes für Gesundheit und Soziales hat sich in den letzten Jahren immer weiter verbessert. Es ist gerade für Menschen mit Behinderung wichtig, moderne Serviceangebote nutzen zu können. Behördengänge sind für diese Menschen oft aufwendiger und mühsamer als für Menschen ohne Behinderung. Uns ist es ein wichtiges Anliegen, ihnen das Leben zu erleichtern, wo es möglich ist“.

Leichte Sprache bedeutet harte Arbeit

Gabriele Hiller von „leicht gesagt“ aus Bremen, erläutert den anwesenden Journalisten die Arbeit an der Broschüre. Die Erklärungen Hillers machen deutlich, leichte Sprache zu entwickeln, Dinge des alltäglichen Lebens zu übersetzen, ist nicht einfach. Die Leser finden leichte und verständliche Erklärungen vor. Die Sätze in der Broschüre sind kurz. Besonders lange Begriffe werden gekürzt. Außerdem enthält die Broschüre viele Bilder (Piktogramme), die helfen, den Text zu verstehen. Einige Fachausdrücke sind nicht in leichte Sprache zu übersetzen, sie werden dem Leser erklärt. Der Begriff „Medizinische Rehabilitation“ beispielsweise lautet übersetzt: „Man macht eine Nach-Behandlung, wenn man krank war. Zum Beispiel nach einem Unfall wieder laufen lernen.“
Der „Berliner Rat-Geber“ ist der erste Versuch, die Printerzeugnisse des LAGeSo in leichter Sprache herauszugeben. Schritt für Schritt, so Franz Allert, der Präsident des LAGeSO, werden Flyer und andere Broschüren folgen.

Die Ausnahmen

Allert sieht eine große Kluft zwischen Behördensprache und leichter Sprache. Bei den Bescheiden, die von der Behörde ausgestellt werden, ist eine Übersetzung in leichte Sprache noch nicht abzusehen. Bescheide sind in erster Linie auf Rechtssicherheit ausgelegt. Hier steht die Genauigkeit der gesetzlichen Bestimmungen und Erläuterungen im Vordergrund. Der „Berliner Rat-Geber“ ist der erste Versuch, auf den wachsenden Bedarf für leichte Sprache einzugehen.