Diese neue Bestellung von Gelenkbussen der BVG hat eine längere Vorgeschichte: Der Wegfall der zweiten Rampe an den BVG-Bussen wurde uns vor knapp 2 Jahren in der gleichen Sitzung der AG Verkehr von der BVG mitgeteilt, sowie die Einführung des Bedarfs-Kneelings. Die Betroffenen waren über beides empört! Aber alleine das Verhindern des Bedarfs-Kneeling kostete unsere ganze Kraft. Und es zog sich lange hin. Der Kampf gegen den Wegfall der zweiten Rampe geriet so in den Hintergrund. Erst, als es uns gelungen war, wieder das dauerhafte Kneeling im Abgeordnetenhaus durchzusetzen, kamen wir zurück auf das zweite Problem, auf den Wegfall der zweiten Rampe. Da hatten wir bereits das Jahr 2014, die Bestellung der neuen Busse war erfolgt.
Sofort wurde eine Petition an den Petitionsausschuss geschrieben, aber sie blieb erfolglos. Nur, wenn es sehr viele Eingaben durch betroffene Bürgerinnen und Bürger gibt, besteht Aussicht auf Erfolg. Darum hier meine Bitte an alle, die auch weiterhin an der vorderen Tür eine Rampe haben möchten: Schreibt Petitionen an den Petitionsausschuss. Macht Druck auf die politischen Entscheidungsträger und wendet Euch an Eure Abgeordneten.
Gründe für eine Zwei-Rampenlösung
An dieser neuen Serie von Gelenkbussen, die uns am 8.10.2014 vorgestellt wurde, lässt sich leider nichts mehr ändern. Aber das muss ein einmaliger Vorgang sein. Die beiden Rampen an den Doppeldecker-Bussen und an allen anderen Bustypen müssen bleiben. Die BVG darf nicht auf die Idee kommen, dass uns nur eine Rampe reicht. Die Gründe liegen auf der Hand: Es kann immer mal wieder eine Baustelle, ein Baum, ein Pfahl, ein Schneeberg im Wege sein, um die Rampe an der Mitteltür ausklappen zu können. Es kann immer mal die Haltestelle zugeparkt sein und der Bus kann nur mit der „Schnauze“ den Bürgersteig anfahren, die Rampe der Mitteltür kann folglich nicht genutzt werden. Im Winter wird oft nur am vorderen Buseinstieg der Schnee beseitigt, vor der mittleren Tür mit Rampe türmt sich ein riesiger weißer Schneehaufen. Zwei Rampen sind grundsätzlich besser als nur eine, weil sie Flexibilität zulassen. Zudem: RollstuhlfahrerInnen und Menschen mit Rollatoren wollen immer und überall ein- und aussteigen können. Das hat sich seit ca. 15 Jahren bewährt. Nun soll das auf einmal wegfallen? Dafür fehlt mir jedes Verständnis.
Es wurde seitens der BVG immer wieder argumentiert, blinde Menschen könnten nicht so weit durch den Bus laufen, sie möchten gerne vorne sitzen und dort werden deshalb mehr Sitze benötigt. Darum müsse der Durchgang schmaler werden, zu schmal für Rollstühle. Tatsache ist aber: Wir lassen uns nicht länger gegeneinander ausspielen. Der Wegfall der zweiten Rampe an der Vordertür dieser Busse wurde von uns in der AG Bauen und Verkehr nicht einvernehmlich beschlossen und gebilligt. Im Gegenteil. Auch die Vertreter der blinden Menschen finden es wichtig, dass Menschen im Rollstuhl oder mit einem Rollator immer die Möglichkeit des Ein- oder Ausstiegs haben müssen. Viel wichtiger ist ihnen eine durchgängige Orientierungsmöglichkeit im Bus, damit sie die weiter hinten befindlichen Sitze leicht aufsuchen können. Und: Die Busse müssen endlich immer und überall Informationen nach dem Zwei-Sinne-Prinzip vorhalten. Außenansagen zu Linien und Fahrziel sind unbedingt notwendig. Dies wird vom Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein seit vielen Jahren vergeblich gefordert. Das bietet fataler Weise auch nicht die neue Busvariante.
Die nun einzige Rampe am Mitteleinstieg des neuen BVG-Gelenkbusses wurde breiter, länger (um nicht so steil zu sein), aber auch schwerer. Busfahrerinnen werden Probleme damit bekommen, sie auszuklappen; besonders, wenn es öfters am Tag erforderlich wird.
Der neue Bus hat viel mehr Klappsitze, weggeklappt bietet der Innenraum viel Platz für Rollis, Kinderwagen usw. Allerdings auch die Sitze für die Kleinwüchsigen sind jetzt Klappsitze. Dort, wo der zweite Rollstuhlplatz ist. Meiner Meinung nach ist da ein Nutzungskonflikt vorprogrammiert. Auch wenn auf einem Klappsitz jemand sitzt mit einem Rollator, kann da kein Rollstuhl mehr hin. In den bisherigen Bussen ist das meiner Meinung nach besser gelöst. Die Klappsitze befinden sich nun rund herum um die Freifläche im Mittelteil des Busses. Rollstuhl-Stellplätze sind nicht mehr klar erkennbar. Die obere gelbe Haltestange ist durchlaufend von der Vorder- zur Mitteltür, dort hört sie auf. Können blinde Menschen damit leben?
Herzlich Willkommen
Die Aufschrift am vorderen Eingang „Herzlich Willkommen“ empfinde ich als zynisch, da genau dort die 2. Rampe fehlt und Rollifahrer an dieser Stelle eben nicht mehr „Herzlich Willkommen“ sind.
Bei dieser Vorstellung des neuen Busses der BVG vor dem Abgeordnetenhaus für die Abgeordneten des Verkehrsausschusses, der dann anschließend tagte, verteilte ich an diese, die BVG und an die Medienvertreter eine Stellungnahme diverser Behindertenverbände. Nun wissen alle, was wir Menschen mit Behinderung wollen. Ob das jemanden in der Politik interessiert und ob das aufgegriffen wurde, bleibt abzuwarten.
Zu diesem Thema drucken wir eine Pressemeldung der Piratenfraktion ab:
Berlin braucht mehr und nicht weniger Barrierefreiheit – Alexander Spies Vor der morgigen Sitzung des Verkehrsausschusses präsentiert die BVG erstmalig einen ihrer neuen Eindeckerbusse vor dem Abgeordnetenhaus. Von 12 bis 14 Uhr kann der neue Bus besichtigt werden. Dazu sagt Alexander Spies, behindertenpolitischer Sprecher der Piratenfraktion: „Während sich die BVG über ihre neuen Busse freut, ist die Neuerwerbung von 236 Bussen für viele Berliner*innen mit Behinderung ein Schlag ins Gesicht. Im Gegensatz zu den bisherigen Eindeckern werden die neuen Busse nur noch einen einzigen barrierefreien Einstieg haben. Befindet sich an der Haltestelle ein unerwartetes Verkehrshindernis, können die Betroffenen nicht auf eine zweite Rampe ausweichen und müssen im Bus bleiben. Damit sind die neu bestellten Busse ein herber Rückschritt in Sachen Barrierefreiheit, die barrierefreie Mobilität in Berlin wird ausgebremst. Der Wegfall der vorderen Rampe bedeutet auch den Verlust von einem Stück Normalität, denn Benutzer*innen der Rampe können nicht wie andere Fahrgäste vorne einsteigen und Kontakt zum Fahrpersonal aufnehmen. Das wäre aber im Sinne von Inklusion und Gleichberechtigung dringend geboten. Auch angesichts des demografischen Wandels, und der damit steigenden Zahl von älteren Berliner*innen, ist die Neuanschaffung der BVG ein schlechtes Signal. Wir fordern den Senat auf, sich für die Wiederanschaffung der zweiten Rampe einzusetzen und zukünftig bei Neuanschaffungen mit den Behindertenverbänden zusammen bereits im Vorfeld nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Es kann nicht sein, dass wir vor kurzem noch von der Europäischen Kommission mit der Auszeichnung ‚Barrierefreie Stadt 2013‘ gewürdigt wurden und nun die Barrierefreiheit zurückschrauben. Berlin braucht mehr und nicht weniger Barrierefreiheit.“ Deshalb hat die Piratenfraktion folgenden Antrag gestellt: „Kein Rückschritt in Sachen Barrierefreiheit – zweite Rampe bei allen Eindeckerbussen wieder einführen“