Den Aktionstag „Schichtwechsel“ am 12. Oktober sieht die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) kritisch, weil sie befürchtet, dass hier die Realitäten vertuscht werden. Der Aktionstag wird von der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (LAG WfbM) und den Berliner Werkstatträten (BWR) initiiert. Hier tauschen Mitarbeitende aus Berliner Unternehmen mit Beschäftigten aus Werkstätten für behinderte Menschen für einen Tag den Arbeitsplatz. Die ISL erwartet von allen Beteiligten aus Politik und Wirtschaft (u.a. Sozialsenatorin Elke Breitenbach), die diesen Tag in einer WfbM verbringen werden, dass sie genau hinschauen und sich nicht blenden lassen.
Folgende Fragen sollten gestellt werden:
-Wie sieht eine gerechte wertschätzende Bezahlung in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) aus?
-Wie werden die Arbeitnehmerrechte in einer WfbM realisiert?
-Sind von der Außenwelt abgeschottete Einrichtungen die gesellschaftliche Vorstellung einer gelebten Inklusion nach menschenrechtlichen Aspekten?
-Erhalten die Werkstattbeschäftigten genügend hilfreiche Informationen und Chancen, um zwischen beruflichen Alternativen wirklich wählen zu können?
Der Auftrag der WfbM als Rehabilitationsträger ist es, laut dem neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX), u.a. den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern.
„Der UN-Fachausschuss in Genf, der die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention überwacht, hat Deutschland angemahnt und zu sofortigen entscheidenden Reformen aufgerufen, um Werkstätten schrittweise abzuschaffen und die behinderten Arbeitnehmer*innen in einen echten inklusiven Arbeitsmarkt zu bringen,“ erläutert Dr. Sigrid Arnade, ISL Geschäftsführerin.
„Werkstätten für behinderte Menschen sind berufliche Exklusion – keine Inklusion, auch wenn dies immer wieder von den Verantwortlichen propagiert wird,“ unterstreicht Arnade.
„Als sinnvolle Möglichkeit aus einer Werkstatt heraus in den ersten Arbeitsmarkt zu gelangen, sehen wir das ab 2018 gesetzlich greifende Budget für Arbeit,“ so Arnade.
Hier können finanzielle Leistungen, welche bisher nur den Werkstätten vorbehalten waren, an Arbeitgeber auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt werden, um behinderte Menschen anzustellen.
Die ISL empfiehlt den teilnehmenden Unternehmen, mehr Neueinstellungen von behinderten Menschen zu ermöglichen und sich dazu Beratungsleistungen bei den Agenturen für Arbeit einzufordern.
Die „Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL“ ist eine menschenrechtsorientierte Selbstvertretungsorganisation und die Dachorganisation der Zentren für Selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen.