Um von Depression betroffene Beschäftigte der Deutsche Bahn AG noch stärker zu unterstützen, startet erstmals in einem Konzern in Deutschland das zweijährige Pilotprojekt „peers@work“, das durch sogenannte „kollegiale Depressionsbegleiter“ den Schritt zu Hilfe und Behandlung erleichtern soll. In Kooperation mit der Stiftung Bahn-Sozialwerk und der Stiftung Deutsche Depressionshilfe wird an den Pilotstandorten Berlin und Frankfurt a.M. dieses erweiterte Netzwerk der Hilfe installiert. Gefördert wird das Projekt vom Fonds soziale Sicherung, einer gemeinsamen Einrichtung der Gewerkschaft EVG und der DB AG.
Von Betroffenen für Betroffene
„Kollegiale Depressionsbegleiter“ sind Mitarbeiter, die selbst erfahren haben, welche Hürden sich bei einer Depressionserkrankung ergeben können. Sie werden durch die beiden Stiftungen Bahn-Sozialwerk und Deutsche Depressionshilfe geschult und fachlich unterstützt, um andere betroffene Kollegen zu beraten. In Zusammenarbeit mit allen betrieblichen Ebenen soll ein niedrigschwelliger Zugang zu frühzeitiger Hilfe entstehen. Das Ziel ist, den Betroffenen wirksame Entlastung und Orientierung zu bieten. Gleichzeitig soll das Vorhaben auch den betrieblichen Interessen gerecht werden und nachhaltige gemeinsame Lösungen zwischen Betroffenen und dem Unternehmen ermöglichen. Die Beratungstermine selbst finden dabei im neutralen Umfeld außerhalb des direkten Arbeitsumfeldes statt. Das Konzept stützt sich auf die erfolgreiche Arbeit sogenannter „Peer-Berater“, die als erfahrene Betroffene bereits im Umfeld von Praxen und Kliniken unterstützend tätig sind.
Angst, Schamgefühle und krankheitsbedingte Faktoren wie ein verminderter Antrieb reduzieren das Hilfesuchverhalten Betroffener; auch wissen viele Erkrankte nicht, an wen sie sich wenden sollen. Die Verzögerung eines Behandlungsbeginns erhöht bei Depression das Risiko eines ungünstigen Krankheitsverlaufs. Ebenso entscheidend ist die Unterstützung Betroffener während der Behandlung und der anschließenden Wiedereingliederung ins Arbeitsleben. Dazu kommt, dass etliche den Gang zum Arzt scheuen oder sich schwer damit tun, ihre Beschwerden offen zu beschreiben. Oftmals ist es einfacher, mit Menschen zu sprechen, die ebenfalls einmal von Depressionen betroffen waren oder sind. Hinzu kommt, dass erfahrene betroffene Kollegen zudem das Arbeitsumfeld bestens kennen und auch hier als Lotse konkret weiterhelfen können.
Aktiv gegen die Volkskrankheit Depression
Psychische Erkrankungen stellen mit über 17 Prozent den zweithäufigsten Grund für Arbeitsunfähigkeit dar (DAK Gesundheitsreport, 2016). Beinahe die Hälfte der gesundheitsbedingten Frühverrentungen basieren auf einer psychischen Erkrankung. Depression ist die häufigste psychische Erkrankung: Jeder fünfte Bundesbürger ist statistisch gesehen ein Mal im Leben von einer Depression betroffen. Von der großen Zahl depressiv Erkrankter erhält jedoch nur eine Minderheit eine optimale Behandlung, dies belegen aktuelle Studien (z.B. Trautmann et al. (2017), Deutsches Ärzteblatt Int 114(43): S. 721-728). Oftmals müssen Patienten lange Wartezeiten überbrücken, bis sie einen Termin beim Facharzt oder Psychotherapeuten erhalten und eine adäquate Behandlung erfahren. Aufgrund dieser angespannten Versorgungslage kommt unterstützenden Angeboten in Betrieben eine wichtige Bedeutung zu.
Über die Projektpartner:
Die Stiftung Bahn-Sozialwerk (BSW) ist als betriebliche Sozialeinrichtung der Deutschen Bahn und des Bundeseisenbahnvermögens eine starke Gemeinschaft für aktive und ehemalige Bahnbeschäftigte sowie für deren Familien. Das BSW leistet gemeinsam mit der mildtätigen Stiftung Eisenbahn-Waisenhort (EWH) wertvolle Hilfe und wird von kompetenten Mitarbeitern, engagierten Ehrenamtlichen sowie solidarischen Förderern und Spendern getragen. Weitere Informationen und Ansprechpartner. www.bsw24.de.
Der Fonds soziale Sicherung für Arbeitnehmer der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V. ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Von seinen Leistungen können Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft EVG profitieren. So werden u.a. Maßnahmen zur freiwilligen beruflichen Fortbildung, vorbeugende Gesundheitsangebote oder Arbeitnehmer in persönlichen Notlagen unterstützt. www.fonds-soziale-sicherung.de.
Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe hat sich die bessere Versorgung depressiv erkrankter Menschen und die Reduktion der Zahl der Suizide in Deutschland zum Ziel gesetzt. Schirmherr ist der Entertainer Harald Schmidt. Neben Forschungsaktivitäten bietet die Stiftung Betroffenen und Angehörigen vielfältige Informations- und Hilfsangebote wie das Diskussionsforum Depression und das deutschlandweite Info-Telefon Depression. In über 80 Städten und Kommunen haben sich Bündnisse gebildet, die auf lokaler Ebene Aufklärung über die Erkrankung leisten. www.deutsche-depressionshilfe.de.