„Funktionierende Metropolen sind darauf angewiesen, dass man Distanzen in ihnen relativ leicht zurücklegen kann. Damit der Großteil der Bürger und Besucher das auch kostengünstig tun kann, braucht es einen leistungsfähigen Öffentlichen Personennahverkehr. Er soll allen, unabhängig von Individualkraftfahrzeugen, die innerstädtische Mobilität ermöglichen und ist durch die Massennutzung dabei auch noch weit umweltfreundlicher.
Der Zugang zum öffentlichen Verkehrsnetz ist leider nicht für alle selbstverständlich. Treppen, zu hohe Einstiege oder das Fehlen ertastbarer Bodenleitsysteme stellen Barrieren bei der Nutzung dar. Zu oft ist die Infrastruktur noch darauf ausgerichtet, ausschließlich von Menschen ohne Einschränkungen genutzt zu werden.
Dagegen sichert ein barrierefreier ÖPNV die diskriminierungsfreie Teilhabe aller Bürger und auch Besucher dieser Stadt. Keineswegs ist das nur ein Thema für Fahrgäste mit Behinderung, denn unter schwierigen Zugangs- und Einstiegsbedingungen leiden fast alle Fahrgäste – wenn auch nicht immer gleichermaßen. Mutter und Vater mit Kinderwagen, Reisende mit schweren Koffern, ältere Menschen sind bspw. auch sehr dankbar für einen Fahrstuhl. Untersuchungen gehen davon aus, dass 30 bis 35 % aller Fahrgäste Nutznießer von einem barrierefreien Zugang zum öffentlichen Verkehr sind.
Obwohl es nicht nur ein Thema für Fahrgäste mit Behinderung ist, so ist es für diese doch ein besonders wichtiges. Bezüglich des Zieles eines barrierefreien ÖPNV ist man sich in Berlin zum Glück weitgehend einig, so sollen bis 2020 alle U- und S-Bahnhöfe barrierefrei zugänglich sein. Schöne Worte allein reichen aber nicht.
Berlins Bilanz ist hier aber durchaus auch in den Taten anerkennungswürdig. Von den 173 U-Bahnhöfen sind bereits 103 (60%), von den 132 S-Bahnhöfen sogar 119 (90,15%) mit Fahrstühlen ausgestattet. 111 U- bzw. 117 S-Bahnhöfe verfügen bereits über Blindenleitsysteme.
Für das Straßenbahnnetz werden nur noch Niederflurbahnen neu angeschafft. Sie ermöglichen einen niedrigeren Einstieg und sind damit auf die Nutzung durch Menschen mit Gehbehinderung abgestimmt. Im Jahr 2013 waren bereits 194 Niederflurbahnen in ganz Berlin unterwegs. Bis 2017 werden alle alten „Tatra“-Fahrzeuge durch die Niederflurfahrzeuge ersetzt sein.
Busse werden mittlerweile zur Einstiegsseite hin abgesenkt (sog. Kneeling) und erleichtern so den Einstieg erheblich. Trotz einer Testphase seitens der BVG, die das Absinken der Busse nur noch bei angezeigtem Bedarf testete, haben wir auf das automatische Kneeling bestanden. Demnach gehen die Busse automatisch bei jeder Haltestelle in die „Knie“. Menschen, die den erleichterten Einstieg brauchen, werden so nicht zu Bittstellern und können sich auf die Barrierefreiheit als Standard an allen Bushaltestellen verlassen.
Zufriedenheit kann sich allerdings solange nicht einstellen, solange weiterhin der Zugang zum öffentlichen Netz durch Barrieren wie Treppen, zu hohe Einstiege oder auch fehlende Blindenleitsysteme für viele Menschen immer noch nicht gegeben ist. Die Barrierefreiheit vieler Bahnhöfe und Haltestellen reicht nicht aus. Menschen mit Behinderung leben, wie alle anderen auch, verteilt über die Stadt. Barrierefreiheit muss daher Standard für das gesamte Netz werden. Das verlangt eine soziale Stadtpolitik.“