Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich habe mich oft gefragt, warum sehe ich kaum Menschen die einen Rollstuhl benötigen in Museen, Theatern Restaurants, oder Kinos. 2009 hat die Bundesregierung die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben. Sie fordert die soziale Inklusion, also in vollem Umfang an der Gesellschaft teilhaben zu können. Oftmals ist die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aber schon gar nicht möglich, weil es an der Barrierefreiheit mangelt. Nicht nur Treppen schließen betroffene Menschen aus.
„Es gibt immer noch zu wenige Toiletten für Menschen mit mehrfach Behinderung erklärt David Offenwanger vom Verein „Stiftung Leben pur“. Dies schränke die Teilhabe Gesellschaftlichen Lebens sehr ein. Er war einer der Gäste bei der Präsentation der Toilettenanlage im Treptower Park (Am Weltspielplatz). Was aus Sicht der Firma Hering Sanikonzept bei der Planung und Umsetzung solcher Anlagen notwendig ist, wo der aktuelle Stand der Technik ist und was bei der Umsetzung notwendig und wünschenswert ist, erklärt Dirk Kampa, Projektleiter der Hering Sanikonzept, nach der Begehung in einem Gasthaus ganz in der Nähe.
Warum reichen die vorhandenen barrierefreien WCs nicht aus?
Viele Menschen benötigten Windeln oder Einlagen, die durch eine unterstützende Liege gewechselt werden müssten, erläutert Offenwanger. Menschen mit komplexen Behinderungen müssten mühsam und oftmals unter größtem Kraftaufwand von ihren Begleitpersonen aus dem Rollstuhl heraus auf den Toilettenboden gelegt werden, um dort eine frische Inkontinenzeinlage zu erhalten. „Eine menschenunwürdige Situation“, so Offenwanger. Eine Liftvorrichtung erleichtere den Weg vom Rollstuhl zu dem Toilettensitz oder zur Liege sowohl für die Betroffenen als auch für die Begleiter. Bestehende Behinderten-WCs besäßen weder die Größe noch die Ausstattung, um solchen Bedürfnissen gerecht zu werden. „Teilhabe am öffentlichen Leben ist unter solchen Bedingungen für Menschen mit schweren Behinderungen nicht länger als ein bis zwei Stunden – bis zum nächsten Wechsel – möglich.“
„Toiletten für alle“ werden an allen zentralen Orten wie zum Beispiel Freizeitparks, Schwimmbädern, Einkaufszentren und Restaurants, in Rathäusern, Gemeindezentren, Museen, Kinos und Theatern und auf Festivals und Festwiesen benötigt, resümiert Offenwanger. Durch sie können zukünftig auch Menschen, die auf die erweiterte Ausstattung einer Liege und eines Lifters angewiesen sind, am öffentlichen Leben teilhaben.“ Für eine erfolgreiche Inklusion darf das ´Müssen´ für alle Mitmenschen keine unzumutbare Herausforderung sein, sondern eine Selbstverständlichkeit“.
Wichtiger Schritt für Inklusion“
Für uns sei es selbstverständlich, dass wir unterwegs Toiletten vorfänden. Auch barrierefreie Toiletten gäbe es in der Öffentlichkeit entsprechend der DIN-Norm 18040 immer häufiger, so Michael Müller vom Club Behinderter und ihrer Freunde in Darmstadt und Umgebung e.V. Doch die Zielgruppe der Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen würde auch hiervon ausgeschlossen, sie könne diese Toiletten nicht nutzen. Daher seien barrierefreie Toiletten ein wichtiger Schritt zur Inklusion. „Wir brauchen keine perfekten Toiletten – wir brauchen viele“, beschreibt Müller die Situation. Er ergänzt: „Denn barrierefreie Toiletten sind wichtige Ankerpunkte der Inklusion“.
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Kommentar: Was Betroffene denken
Toilettenpräsentation der Firma Hering Sanikonzept
Von Ilja Seifert
Die Firma Hering Sanikonzept warb kürzlich für ihre öffentlichen Toiletten. Sie hatte zu einer Lobby-Präsentation extra am Rande des Treptower Parks eines ihrer neuen High-Tech-Produkte installiert. Leider folgten der Einladung außer Ulrike Poppel und mir keine weiteren Rollstuhlnutzer. Aber es waren Senatsangestellte (Ingeborg Stude), Forscher*innen der TU und einer Stiftung, mehrere Hering-Vertreter*innen und die Berliner Behindertenzeitung anwesend.
Auffällig: Das Gebäude mit der inklusiven Toilette ist sehr groß (12 qm). Auf einen Bürgersteig inmitten der Stadt paßt es keinesfalls. Dafür ist die Öffnung der Toiletten-Brille viel zu klein (Ich könnte sie nie benutzen).
Im anschließenden Gespräch war oft von „Toilette für alle“ die Rede. Gemeint war, daß auch eine höhenverstellbare Liege und ein Lifter für schwerstmehrfachbehinderte Menschen vorhanden sein müßten. Das findet meine Zustimmung. Aber es stellte sich rasch heraus, daß – um diese teuren und störanfälligen Einbauten zu schützen – diese Toiletten eben ausdrücklich nicht von allen genutzt werden sollen, sondern nur mit dem Euro-Schlüssel erschließbar sein sollten.
Summasummarum: Ich fand kein einziges Argument, das mich überzeugt hätte, das in Berlin bewährte, werbefinanzierte City-Toiletten-System, aufzugeben.