Gesundheitsförderung und Prävention: Wenn das An- und Ausziehen zur Qual wird

Bewegung bei unterschiedlichen Vorraussetzungen

von: Antje Szardning

 

Zwei Frauen, eine davon behindert, machen Rythmusbungen

Eine gesunde Lebensweise beinhaltet neben gesunder Ernährung Bewegung und sportliche Aktivität. Soweit es möglich ist, empfiehlt sich das natürlich auch für Menschen mit Behinderungen. Häufig müssen nämlich sehr spezielle – meist körperliche – Anforderungen (zum Beispiel Beweglichkeit der Beine beim Vorgang des An- und Ausziehens) erfüllt werden. Dazu bedarf es einer guten Funktion von Herz und Gefäßen; vor allem aber der Muskulatur. Probleme bei speziellen Organen beziehungsweise Körperteilen (zum Beispiel Hautdurchblutung, Kreislaufsystem, Blasen- und Nierenfunktion) können durch aktive Bewegung verringert oder vermieden werden. Bei Rollstuhlbenutzer bildet sich dann zum Beispiel ein Druckgeschwür (Dekubitus) nicht so leicht.

Für eine lockere entspannte Muskulatur sind besonders die klassische und diverse andere Massagen sowie Wärmeanwendungen zu empfehlen.

Häufige Bewegungstherapien

Neben den erwähnten Methoden zur Lockerung der Muskulatur gibt es verschiedene Konzepte einer Bewegungs- oder Physiotherapie, die alle dazu dienen, den Krankheitsverlauf aufzuhalten. Allgemein wird unter anderem auch die Lockerung (Tonussenkung) der Muskulatur erreicht. Sehr oft werden praktiziert:

– „Bobath-Therapie“: Sie wird besonders angewendet bei Menschen mit Störungen des zentralen Nervensystems und Beeinträchtigungen in der Körperhaltung sowie der Bewegung. Das betrifft zum Beispiel Schlaganfallbetroffene, Menschen mit Hirntumoren/Hirnverletzungen sowie an Multipler Sklerose (MS) Erkrankte. Es werden das Zusammenspiel von beeinträchtigten Sinnesorganen und Muskeln sowie Gleichgewichtsreaktionen geübt, Bewegungsmuster neu erlernt.

– „Vojta-Therapie“: Ähnlich wie die Bobath-Therapie ist sie eine Basistherapie – auch sie wird zur Behandlung von Störungen des Zentralen Nervensystems bei Bewegungseinschränkungen, also dem gestörten Zusammenspiel von Nerven und Muskeln, angewendet. Es ist auch noch auf die

– „PNF-Methode“ (zur Verbesserung und ‚Anbahnung‘ physiologischer Bewegungsmuster) zu verweisen.

– „Manuelle Therapie“: Sie wird viel zur Behandlung eines gestörten Bewegungsapparates – des Zusammenspiels von Gelenken, Muskeln und Nerven (zum Beispiel von Gliedmaßen, Wirbelsäule) angewendet.

– „Osteopathie“ (auch bekannt als „Chiropraktik“): Sie ist eine spezielle manuelle Therapie, die am Körper Bewegungseinschränkungen, blockierte Gelenke, Verspannungen und ähnliches durch gezielte Handgriffe behandelt.

– „Krankengymnastik am Gerät“: Bei ihr werden spezielle Rehabilitationsgeräte genutzt.

– „Elektrotherapie“: Sie dient zur Schmerzlinderung, Verbesserung der Durchblutung oder Wiederherstellung einer gestörten Muskelfunktion. (Anmerkung: Nicht anwendbar bei Patienten mit Herzschrittmacher)

– „Rückenschule“: Hierbei handelt es sich um ein Behandlungskonzept bei Rückenschmerzen sowie deren Prävention. Es richtet sich an Menschen mit Rückenschmerzen, die bereits Rückenschmerzen hatten oder sich nicht „rückengerecht“ bewegen. Diese Menschen sitzen oft sehr viel und bewegen sich sehr wenig.

Die Physiotherapie und deren Übungen zu Hause stellen einen bedeutenden Faktor bei der Kostensenkung von Krankenkassen dar, indem Krankheitsverläufe aufgehalten das heißt verlangsamt werden – besonders progrediente („fortschreitende“) Verläufe zum Beispiel bei MS.

Weitere Möglichkeiten und Effekte von Bewegung

Eine gesunde Lebensweise, einschließlich körperliche Aktivität/ Bewegung (so weit möglich), beeinflusst auch positiv das seelische Wohlbefinden und steigert das Selbstbewusstsein. Das betrifft vor allem Bewegung in der Gruppe – kann aber auch gut allein erreicht werden, zum Beispiel schon durch einen ‚profanen‘ „Spaziergang“ im Rollstuhl/zu Fuß/ per Handbike oder Dreirad durch den herbstlichen, stillen, nebligen Park. Hinsichtlich Kontakten zum sozialen Umfeld ist eine Gruppe aber oft eher geeignet und macht mehr Spaß.

Zur Erhaltung der Gesundheit empfehlen sich außerdem die sanften Bewegungs-, Entspannungs-, Konzentrations- und Meditationsübungen des alten chinesischen “Qigong“,  des aus Indien stammenden „Yoga“ oder die „Feldenkraismethode“.

„Qigong“ kann auch in mancher Hinsicht als „Yoga für Menschen mit Bewegungseinschränkungen“ bezeichnet werden. Die Übungen können im Sitzen oder Stehen durchgeführt werden. Neben den körperlichen Erfolgen (Verbesserung der Beweglichkeit, Stärkung der Wirbelsäule, Schmerzlinderung bei rheumatischen Beschwerden…) bekommt man zum Beispiel nach einer schweren Operation wieder Lebensfreude; Körpergefühl und Körperwahrnehmung werden auch gestärkt.

Ähnliches gilt für „Yoga“: Gerade wenn man viel sitzt – besonders krankheitsbedingt – sind Nacken, Schultern und Rücken oft verspannt. Das kann irgendwann zu Erschöpfungszuständen, Schmerzen – im Rückenbereich – und Krankheiten führen. Solche Probleme lassen sich mit regelmäßigen Yoga-Übungen – kombiniert mit Atemübungen – verringern bzw. sogar vermeiden.

Die „Feldenkraismethode“ ist ebenfalls eine meditative Bewegungstherapie. Sie dient oft als begleitende Therapie von MS-Betroffenen.

Zuletzt sind noch der in diesem Zusammenhang wichtige „Rehabilitations- und Behindertensport“ anzuführen. Darauf wird im Teil 4 dieser Artikelreihe („Betriebliche Gesundheitsförderung“) eingegangen.

Literatur unter anderem

– www.physio-verband.de

– www. fotini-qigong-ellwangen.de

– Bundesministerium für Gesundheit: Ratgeber zur gesundheitlichen Prävention

Tipp: Yoga für Menschen im Rollstuhl – VHS Treptow-Köpenick, Kursnr.: TK 3094-F

(auch in leichter Sprache)

www.berlin.de/vhs-treptow-koepenick/?m0=1&m1=2&sectid=6&cat=45