Über Arbeit lässt sich trefflich streiten. Für die einen ist es schlichtweg ein Mittel, um Geld zu verdienen. Schließlich müssen Rechnungen bezahlt werden. Andere stehen früh auf und freuen sich auf einen erfüllten Arbeitstag bei einer Tätigkeit, die ihnen Spaß bereitet. Und dafür bekommen sie sogar noch Geld.
Die Union Sozialer Einrichtungen gGmbH (U.S.E.) wollte es genau wissen und holte sich einen Philosophen ins Haus. Thomas Vasek, der Chefredakteur des philosophischen Magazins „Hohe Luft“, wusste dann auch von guter und schlechter Arbeit zu berichten. Es gibt Gründe – innere Güter, wie er sie nennt -, die gute Arbeit ausmachen: Sie fördert Lernprozesse, Wertschätzung und gegenseitigen Respekt, handwerkliches Können und Gewohnheiten. Gute Arbeit bringt Menschen zusammen und „muss Momente schaffen, in denen man voll in die Arbeit aufgeht“. Gute Arbeit ist die beste Medizin gegen Burnout. Schlechte Arbeit dagegen ist Zeit- und damit Lebensverschwendung.
Gut gesprochen, Herr Professor! Schauen wir uns doch einmal die Lebenswirklichkeit behinderter Menschen in Deutschland an: Eine Million schwerbehinderter Menschen sind beschäftigt, 180.000 allerdings sind arbeitslos. Die Beschäftigungsquote der Unternehmen liegt bei 4,6 Prozent, weiß Reinhard Wagner, Vorstand des UnternehmerForums auf einem Inklusionskongress der Firma phineo zum gleichen Thema in der vergangenen Woche. In Berlin gab es im Dezember 2012 5.140 Arbeitgeber mit der Verpflichtung, behinderte Menschen einzustellen, nur 3.513 taten dies (Statistik der Bundesagentur für Arbeit). Welch eine Verschwendung an Sachverstand und Fähigkeit: 60 Prozent der schwerbeschädigten Arbeitnehmer haben eine akademische Ausbildung.
„Um die Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderung steht es nicht gut“, betont die Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen, Corinna Rüffer. Eine Studie „Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderung“ der Gewerkschaft ver.di verdeutlicht, dass nur die Hälfte der Beschäftigten an einem behindertengerecht ausgestatteten Arbeitsplatz arbeiten. Allerdings steigen die Chancen für eine entsprechende Unterstützung, wenn es im Unternehmen eine funktionierende Schwerbehindertenvertretung gibt. „Von der Bundesregierung fehlen jegliche Signale“ für den Ausbau eines inklusiven Arbeitsmarktes“, erklärt Rüffer. Und leider lässt wieder einmal diese Studie den ganzen Bereich Werkstättenmitarbeiter in Werkstätten für behinderte Menschen außer Acht, in denen die Mitarbeiter für weniger als 200,00 Euro arbeiten und die kaum eine Chance haben, jemals den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen.
Hat der Philosoph also Unrecht mit seinen Thesen? Sind es Utopien, denen Philosophen seit Anbeginn nachjagen? Wohl eher nicht. Man muss die Zusammenhänge kennen, um sie ändern zu können. Deshalb ist der Mut der U.S.E. ein solch kompliziertes Thema aus philosophischer Sicht zu betrachten und anzugehen, höchst lobenswert. Jetzt gilt es nur, die richtigen Schlüsse aus seinen Thesen zu ziehen. „Das Ziel muss eine Integration von Arbeit und Leben sein, statt ihrer Trennung.“ Wir können dem Philosophen nur zustimmen.