Keine Lösung in der Busrampendiskussion

Weiterhin Uneinigkeit zwischen BVG und organisierten Behinderten

von: Christian Grothaus

Die BVG hält weiterhin am Vorhaben fest, neue Busse in Berlin künftig nur mit einer Rampe auszustatten. Dies stößt gerade bei Behindertenverbänden und dem Landesbehindertenbeauftragen von Berlin, Herrn Dr. Schneider, auf Unverständnis. Sie sehen bei dem Vorhandensein von nur einer Rampe die Gefahr, dass im Falle eines Ausfalls dieser Zugangsmöglichkeit der Ein- bzw. Ausstieg von Rollstuhlfahrern nicht gewährleistet ist.

Ein Ende der kontroversen Diskussionen zwischen den Behindertenverbänden und den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) scheint noch lange nicht in Sicht. Der Plan der BVG sieht vor, neue Busse zu bestellen, deren Multifunktionsabteile (die sich in der Mitte der Busse befinden), deutlich zu vergrößern. Hierdurch können künftig mehr Kinderwagen und Rollstuhlfahrer befördert werden. Es liegt auf der Hand, dass dabei im mittleren Bereich des Busses Plätze eingespart werden müssen. Im Gegenzug sollen dafür im vorderen Bereich zusätzliche Sitzplätze wieder entstehen. „Hierbei würde man verstärkt dem Wunsch von Senioren nachkommen“, so die BVG Beauftragte für behinderte Fahrgäste Christine Albrecht. Wie der BVG-Pressesprecher Markus Falkner zudem mittelte, sei bei der Innenausstattung der neuen Busse ein „Kompromiss“ gefunden worden, der auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels allen Passagieren gerecht werden solle. So würden von den zusätzlichen Sitzplätzen im vorderen Bereich gerade Blinde, Gehbehinderte und Senioren profitieren. „Das Fahrzeug hat durch eine neuartige Konstruktion außerdem viel weniger Podeste und Höhenunterschiede, so dass nicht trittsichere Fahrgäste sich besser bewegen können“, so Falkner.

Die Behindertenverbände und der Landesbehindertenbeauftrage waren nach BVG-Angaben in zahlreiche Gespräche bei der Planung des Busses einbezogen, jene sei zudem mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgestimmt.

Ablehnende Haltung

Auf Rückfrage der Berliner Behindertenzeitung mit Herrn Schneider stellte sich jedoch eine ablehnende Haltung seiner Person gegenüber dem Vorhaben der BVG heraus. Es müsse in der Beförderung „weiterhin das in Berlin seit 25 Jahren bewährte Prinzip gelten, keine Gruppen auszulassen.“ Bei nur einer Zugangsmöglichkeit sei eine Ungleichbehandlung vorprogrammiert, da bestimmte Personengruppen im Falle eines Ausfalls der Rampe nicht mehr befördert werden würden. Zudem spiele die BVG auf diese Weise Nutzergruppen gegeneinander aus. Einerseits wird argumentiert, die vorderen Sitze seien für Blinde und Senioren gedacht, aber anderseits geht dies zu Lastender Rollstuhlfahrer, für die es nicht um eine Sitzplatzgarantie, sondern um eine prinzipielle Mitnahmegarantie geht.

Bei aller Kritik müsse aber auch gesehen werden, dass Berlin neben Bremen die einzige deutsche Stadt sei, in der überhaupt Busse mit zwei Rampen eingesetzt werden, entgegnete BVG-Sprecher Falkner.

Defizite erkennen und handeln

Die Bemühungen der BVG sind nicht von der Hand zu weisen. Es stellt sich aber zum einen die Frage, inwieweit gewährleistet werden kann, dass die zusätzlichen Sitze tatsächlich überwiegend so genutzt werden wie vorgesehen, und nicht durch andere Passagiere besetzt sind. „Außerdem ist im Gefahrenfall, wenn sich die Tür mit der Rampe nicht öffnen sollte, für uns Ein- und Aussteigen nicht möglich“, fürchten Beate Ender und Corinna Lichtenberg vom Spontanzusammenschluss „Mobilität für Behinderte“. Zum anderen weist Fred Kutzer vom Behindertenbeirat Mitte darauf hin, dass keine alternative Einstiegsmöglichkeit mehr zur Verfügung stünde, sollte die einzig vorgesehen Rampe durch Schnee oder andere Hindernisse nicht ausgeklappt werden können. Hierdurch würden beispielsweise Rollstuhlfahrer gänzlich von der Beförderung ausgeschlossen, was einer Diskriminierung gleichkommt. Vor diesem Hintergrund wirkt das Argument „normale Passagiere“ könnten sich wegen des Vorzeigens der Busfahrkarte auch nicht aussuchen wo sie einsteigen, eher schwach.

Um diesem problematischen Sachverhalt vorzubeugen, ist es ratsam die neuen Busse auch weiterhin mit 2 Rampen auszustatten. Inwieweit dies jedoch geschieht, bleibt abzuwarten. Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft „Bauen und Verkehr – barrierefrei“ von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt konnte bisher noch keine Einigung erzielt werden. Die nächste Sitzung tagt am 11. März 2014. Es bleibt somit vorerst offen, inwieweit sich die Diskussion weiter anheizt oder an Brisanz verliert.

INFO: „Bauen und Verkehr – barrierefrei“

Die Arbeitsgemeinschaft „Bauen und Verkehr – barrierefrei“ ist bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt angesiedelt. Bei der BVG-Vorstellung der 1-Rampen-Lösung im Rahmen der AG-Sitzung am 27. Januar 2014 sprachen sich sowohl Vertreter von Behindertenverbänden als auch der Behindertenbeauftragte des Landes Berlin für ein Beibehaltung der 2-Rampen-Lösung aus. Dies muss deutlich festgehalten werden, da diesbezüglich also nicht von einem erfolgtem Kompromiss gesprochen werden kann.

Das letzte Protokoll der Sitzung ist im Internet abrufbar: www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/barrierefreies_bauen/download/20131210_protokoll_agverkehr.pdf