Keine Zeit nichts zu tun

Sportlich, ambitioniert und engagiert

von: Hendrik Lüttschwager

Portrait_Kevin_Heumann Kopie„Ein Tausendsassa? Was soll das sein?“ Das ausgerechnet Kevin Heumann diese Frage mit ruhiger, aber klarer Stimme stellt, verblüfft – scheint er doch genau ein solcher zu sein.
Der 26-jährige, athletische Mann weiß viel mit seiner Zeit anzufangen. Unter der Woche arbeitet er im Fahrdienst der  USE gGmbH  am Standort in der Weddinger Koloniestraße. In dem Sozialunternehmen hat er einen Arbeitsplatz gefunden, der ihn interessiert und fordert. Dort ist er unter Anleitung von Arbeitsgruppenleiter Marco Frankenstein für Transporte im ganzen Stadtgebiet zuständig. Da er über keinen Führerschein verfügt, begleitet er die Fahrer und unterstützt sie bei den Lieferungen.  Für einen Menschen mit diagnostizierter Lernbeeinträchtigung und Analphabetismus wahrlich keine Selbstverständlichkeit. „Aber auch kein Hindernis“ ergänzt der junge Mann lächelnd.
„Natürlich ist es schwer, vielleicht auch schwerer als für andere, aber es gibt auch Vorteile“ berichtet Kevin Heumann selbstbewusst. Was er nicht explizit ausspricht aber meint, ist seine überdurchschnittlich ausgeprägte Merkfähigkeit. Zwangsläufig muss er sich Fahrtwege oder Einkaufslisten einprägen und trainiert das Gehirn dabei enorm. „Und wenn ich was nicht weiß, frag ich halt jemanden“ – man erahnt, dass der junge Mann damit keinerlei Probleme hat.
Kevin Heumann ist einer von über 900 Menschen mit Behinderung, die bei der USE gGmbH einen  Bildungs-, Beschäftigungs- oder Arbeitsplatz gefunden haben. An sieben Standorten in Berlin und Brandenburg und in vielen Außenarbeitsgruppen können sie aus 25 Berufsfeldern wählen. In allen Bereichen – vom Bootsbau über den Fahrdienst bis hin zur Tierpflege – orientiert sich die USE an den Ausbildungsrahmenplänen bundesweit anerkannter Berufe. So sichert sie berufliche Bildung und ebnet idealerweise den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt.
Sportlich engagiert. Ehrensache.

Neben der Arbeit ist Sport für Kevin Heumann von hoher Bedeutung. Das merkte er vor allem im vergangenen Jahr, als er nach einer Achillessehnenverletzung weder Fußball spielen noch vernünftig schwimmen konnte. „Und das“, sagt der Berliner „war das Schlimmste. Ich konnte ja gar nichts machen. Noch nicht mal mehr nachmittags“. Dazu muss man wissen, dass Kevin Heumann regelmäßig für den ASB-Rettungsdienst als Rettungsschwimmer im Einsatz ist. Ehrenamtlich. Ehrensache.
In seinem Sportverein, dem Behinderten Sportverein Köpenick, wurde er im vergangenen Jahr als Sportler des Jahres ausgezeichnet. Eine Ehrung, die ihn beim Erzählen sichtlich stolz macht – dennoch erwähnt er sie nur auf Nachfrage. Ein Grund für die Auszeichnung war mit Sicherheit auch seine Teilnahme am 24-Stunden-Schwimmen für den guten Zweck. „Ich war nur zum Essen und mal kurz Schlafen draußen. Ansonsten bin ich geschwommen.“
Drei Goldmedaillen für den Schwimmer

Beim Schwimmen feierte Kevin Heumann auch seine bisher größten sportlichen Erfolge. Bei den vergangenen Special Olympics, den olympischen Spielen für Menschen mit geistiger Behinderung, gewann er sensationelle drei Goldmedaillen. In den Disziplinen 100m Freistil, 100m Brust und der Freistil-Staffel war er unschlagbar. „Das war schon verrückt. Eine Atmosphäre wie bei der Eröffnungsfeier im Fußballstadion in Düsseldorf habe ich noch nicht erlebt.“ Nur logisch, dass er die nächsten Nationalen Spiele in Hannover 2016 nicht verpassen will.
Doch dies ist nur eines der Ziele, die Kevin Heumann fest im Blick hat. „Vor Allem steht die Gesundheit. Ich möchte noch lange körperlich fit bleiben und Sport treiben können.“ Ein weiteres, mittelfristiges Ziel ist der erste Arbeitsmarkt. Auf einem guten Weg ist er – Kevin Heumann – der Tausendsassa.