Kleine Anfrage zu Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/13043 –

von: Berliner Behindertenzeitung

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Corinna Rüffer, Bündnis 90/Die Grünen, ist behindertenpolitische Sprecherin ihrer Partei.

Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft“ hat gezeigt, dass die Interessen der Wirtschaft im Zweifelsfall vorgehen. Konkret wollten wir wissen, welche Strategie die Bundesregierung in den Verhandlungen über die geplante EU-Barrierefreiheits-Richtlinie (European Accessibility Act, EAA) verfolgt. Außerdem haben wir gefragt, wie einige der Regelungen in der Praxis wirken, die letztes Jahr neu ins Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (BGG) aufgenommenen worden sind. Ergebnis: Die Novelle des BGG ist ein Totalausfall. Mehr dazu:

–          Mitteilung zur KA

–          Auswertung der KA

–          Auswertung in Leichter Sprache

Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft

Corinna Rüffer, MdB: „Barrierefreiheit ist wichtig, aber die Interessen der Wirtschaft gehen im Zweifelsfall vor – so lässt sich die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage zu verschiedenen Aspekten der Barrierefreiheit am besten zusammenfassen.

Nach außen betont die Bundesregierung zwar, dass sie das Vorhaben der Richtlinie befürworte, Barrierefreiheits-Vorgaben für möglichst viele Bereiche zu bündeln. Es wäre ihr aber offensichtlich lieber, für jeden Wirtschaftszweig eigene Regeln in den entsprechenden Richtlinien zu verankern (Antwort auf Frage 9). Die Barrierefreiheit von Notrufsystemen sieht sie beispielsweise in der Telekommunikations-Richtlinie besser aufgehoben (Antwort auf Frage 11). Wer so denkt, will Vorgaben zur Barrierefreiheit in Wirklichkeit wo irgend möglich verhindern.

Die Bundesregierung versteht Vorgaben zur Barrierefreiheit vor allem als Zumutung. Deshalb will sie der Wirtschaft weiterhin erlauben, im gewohnten Trott zu bleiben und sich so weit wie möglich ihrer Verantwortung gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu entziehen. Das zeigt sich deutlich daran, dass sich die einzigen konkreten Fragen, die die Regierung von der EU-Kommission noch beantwortet haben möchte,  nur darauf beziehen, wie eventuelle Belastungen für die Wirtschaft vermieden werden können (Antwort auf Frage 14-16).  Dabei können Barrierefreiheitsvorgaben durchaus den Kreis der Kundinnen und Kunden eines Unternehmens erweitern, wie das Beispiel der Spracherkennungssoftware „Siri“ zeigt, die von vielen blinden oder sehbeeinträchtigten Menschen genutzt wird.

Die erste Bilanz der Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG): Die Reform des BGG ist ein Totalausfall. Seit Mai 2016 gab es keine Fortschritte beim Abbau von Barrieren im direkten Einflussbereich der Bundesregierung. Niemand erwartet, dass nach einem Jahr alle vom Bund institutionell geförderten Organisationen und Einrichtungen vollständig barrierefrei arbeiten. Aber es ist ein Armutszeugnis, dass die Regierung nicht einmal eine einzige kleine Maßnahme zum Abbau von Barrieren nennen kann (Antwort zu den Fragen 17 – 19)“.