Menschen mit Lern-Schwierigkeiten entdecken Berlin 

„Bei meiner Stadtführung schläft niemand ein, oder schaltet ab weil er nichts versteht“

von: Markus Leist

Oberdeck HW

Der Doppeldecker sieht aus wie jeder andere in denen Stadtrundfahrten angeboten werden. Doch hinter den Türen findet eine Premiere statt, eine Stadtrundfahrt durch Berlin in Leichter Sprache.

„Berlin hat vieles interessantes zu bieten, auch Berliner oder Menschen die hier lange leben entdecken immer wieder etwas Neues“, startet Rita Hübenthal-Montero die Tour als wir am Hardenbergplatz vorm Löwentor losfahren.

Hübenthal-Montero hatte den Gedanken, Ihre beiden Berufe zusammen zu bringen. Sie arbeitet seit über 25 Jahren beim Unionhilfswerk als Betreuerin in einer Wohngruppe, gleichzeitig ist sie vor allem im Sommer als Stadtführerin in Berlin und Potsdam unterwegs.

Mit 50 Teilnehmern aus Wohngemeinschaften für Behinderte und 13 BetreuerInnen des Unionhilfswerks hat Sie Ihrer Idee am Samstag Leben eingehaucht. Die erste Stadtrundfahrt in leichter Sprache war geboren.

Die Sehenswürdigkeiten der Tour unterscheiden sich nicht von anderen Stadtrundfahrten: City West mit Kurfürstendamm, Philharmonie, Potsdamer Platz, East Side Gallery, Museumsinsel, Unter den Linden mit Brandenburger Tor, Reichstag und  Bundeskanzleramt.

Nur die Präsentation der Inhalte ist anders. Kurze Sätze, wenn es geht keine Fremdwörter, wenn dies nicht möglich, dann diese erklären und keine Genitiv- und Konjunktiv Konstruktionen. So wird es vom Netzwerke leichte Sprache empfohlen. „Bei meiner Stadtführung schläft niemand ein, oder schaltet ab weil er nichts versteht“, versichert die Organisatorin. Sie gäbe auch keine stundenlange Geschichtsvorträge. Das hieße aber nicht, dass Sie nicht auf schwierige Themen einginge.

So erzählt Sie, als der Bus am Denkmal für die Euthanasie-Opfer der Nazizeit am Kulturforum vorbeikommt „die Nazis – das war Adolf Hitler und viele Leute die Ihm folgten und viele Menschen umgebracht haben. Behinderte genauso wie Juden und Homosexuelle, Homosexuelle sind Männer die Männer lieben, oder Frauen die Frauen lieben. Juden das sind Menschen die dem Judentum angehören, das Judentum ist eine Religion.“

Zu Einfach sollte es aber auch nicht sein. “ Wir sind doch keine Babys“, erzählt mir ein Bewohner aus einer Wohngruppe in der Agricolastraße in Tiergarten. „Den Anspruch so anzupassen das alle etwas davon haben aber die Teilnehmer sich auch ernst genommen fühlen, ist bei unterschiedlichem Wissensstand und geistigen Fähigkeiten eine interessante Aufgabe“, erklärt mir die Organisatorin zum Schluss. Doch da muss sich Frau Hübenthal-Montero keine Sorgen machen. Die Stadtrundfahrer waren begeistert und wollen schon die nächste Tour mit ihr planen.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: http://berlin-in-leichter-sprache.de/