Für alle Menschen mit einer schweren Behinderung ist die Suche nach einer geeigneten Wohnung immer noch eine zentrale Frage.
Wohnungen, die für Rollstuhlfahrer geeignet sind, gibt es erst seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Man wohnte entweder weiter bei seinen Eltern oder musste in ein Heim gehen. Hatte man das Glück, noch ein paar Schritte machen zu können, quälte man sich Stufen hinauf, um in die Wohnung zu kommen.
Meine erste richtige Wohnung war in Tegel.
Der Eingang zu dieser Wohnung war ebenerdig und man konnte die Wohnung dann über einen Fahrstuhl erreichen, denn sie lag im ersten Stock. Sie hatte nur ein Manko: Ins Badezimmer kam man nur über eine hohe Stufe.
Ich konnte damals ohne meine Prothese für das linke Bein noch ein wenig mit Unterarmstützen laufen, deshalb nahm ich die Stufe in Kauf. So hopste ich dann ins Bad und vom Badezimmer ins Wohnzimmer. Diese Einraumwohnung war ja nicht sehr groß.
Obwohl ich mich immer konzentrierte, rutschten mir eines Tages die Unterarmstützen im nassen Bad weg und ich zertrümmerte mir das rechte Kniegelenk.
Weil sich die Entlassung aus dem Krankenhaus verzögerte, ich hatte noch keine entsprechende Wohnung, sagte man mir: „Gehen Sie doch in ein Heim“.
Endlich konnte ich 1979 in eine Wohnung für Rollstuhlfahrer ziehen. Denn jetzt musste ich auch in der Wohnung im Rollstuhl sitzen, weil mich das rechte Bein nun nicht mehr trug.
Ausgestattet mit einer Prothese für das linke Bein und einer Orthese am rechten Bein, war es mir noch eine Zeit lang möglich, als Religionslehrerin zu arbeiten. Zu dieser Zeit war die Höhe der Miete für mich noch nicht so entscheidend. Als ich dann berentet wurde, musste ich feststellen, dass die Miete ständig stieg, nur meiner Rente nicht. Was das Ganze noch erheblich verteuerte, waren die sogenannten Nebenkosten. Die Forderungen für die jährlichen Betriebskostenabrechnungen wurden auch immer höher.
Für längere Zeit war der Fahrstuhl nicht benutzbar. Für mich bedeutete dies, dass ich die Wohnung nicht verlassen konnte. Ich wohnte im sechsten Stock und der Sonderfahrdienst konnte mich aus diesem Grund nicht die Treppen hinunter und hinauf tragen. Aus diesen Anlässen suchte ich mir eine neue Wohnung.
Am 30.07.2009 bezog ich eine rollstuhlgerechte Wohnung im Prenzlauer Berg. Wie meine zweite Wohnung war auch diese gefördert und konnte nur mit einem Wohnberechtigungsschein bezogen werden.
2011 wurde ich darüber unterrichtet, dass die Förderung ausgelaufen sei. Für alle, die in diesen Häusern wohnten, hieß das, dass der Vermieter die Mieten nun frei gestalten konnte. Statt der 600 Euro, die er für meine Wohnung haben wollte, verlangte er nun 840 Euro. Auch hier kam zu der Miete auch noch die jährliche Betriebskostenabrechnung, die immer sehr hoch ausfiel. Ich ließ diese Abrechnung vom Mieterverein prüfen, wo man mir sagte, dass diese in Ordnung sein. Auf Dauer hätte ich weder die Miete, noch die Nebenkosten bezahlen können, deshalb sah ich mich nach einer anderen Wohnung um.
Dem Senat von Berlin war es bewusst, dass nach Ende der Grundförderung nicht alle Mieter mehr wohnen bleiben könnten, da sie die Miete (auf Dauer) nicht mehr bezahlen können.
Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bot die Investitionsbank den Mietern einen Mietausgleich oder eine einmalige Umzugskostenhilfe an.
Aus diesen Häusern sind viele Mieter ausgezogen, weil ihnen die Miete auf Dauer zu hoch war. Ein Ehepaar wollte einen Mietausgleich haben. Sie erhielten circa elf Euro im Monat. Man muss nun wissen, dass sich dieser Mietausgleich kontinuierlich verringert.
Im Dezember 2011 bezog ich eine Wohnung im Wedding. Sie wurde von einer Genossenschaft angeboten. Um diese Wohnung mieten zu können, musste ich Mitglied bei der Genossenschaft werden. Mitglied konnte ich aber nur werden, wenn ich für 3000 Euro Pflichtanteile kaufen würde. Ferner musste ich mir von der SCHUFA bescheinigen lassen, dass ich keine Schulden habe, also meine Bonität nachweisen lassen. Als letztes verlangte man von mir, dass ich, wie bei den anderen Wohnungen, einen Wohnberechtigungsschein beizubringen habe.
Im September 2015 erhielt ich ein Schreiben von der Genossenschaft, in dem mir mitgeteilt wurde, dass auch diese Wohnung nicht weiter gefördert wird. Sie könnten eigentlich 16,74 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche verlangen.
Wenn die Genossenschaft dies wahr macht, ist es die dritte Wohnung, die für mich langfristig unbezahlbar wird.
Es ist mir unverständlich, dass rollstuhlgerechte Wohnungen durch den vollständigen Verzicht auf eine Anschlussförderung für den sozialen Wohnungsbau so verteuert werden, dass Menschen, die diese Wohnung benötigen, die Miete nicht mehr bezahlen können.
Von der Wohnung am Prenzlauer Berg weiß ich, dass sie an nicht behinderte Menschen vergeben wurde. Es wird sicherlich nicht die einzige Wohnung seien, die rollstuhlgerecht ist, und die dennoch an nichtbehinderte Menschen vergeben wird. Nach Abbau der Förderungen werden die Mieten für die Rollstuhlfahrer so hoch, dass das Amt sie nicht mehr bezahlt.
Auch Menschen mit schweren Behinderungen brauchen dringend eine Wohnung. Diese Wohnung muss so sein, dass es auch dem schwerstbehinderten Menschen möglich ist, dort selbstbestimmt zu leben. Er braucht keine rund um die Uhr Überwachung, die beschönigend Heim genannt wird. Dort wird man lethargisch und unselbstständig.
Die bereits bestehenden behindertengerechten Wohnungen müssen für Menschen mit Behinderungen erhalten bleiben und dürfen nicht an Menschen ohne Behinderung vermietet werden.
Es muss ein Modus gefunden werden, dass die Mieten für Menschen mit Behinderungen in diesen Wohnungen bezahlbar bleiben, und dass das Amt auch diese übernimmt.