Mit einer tollen und bunten Demo vor dem Bundeskanzleramt, brachten heute über 40 Vereine und Institutionen – die mehr als 3 Mio. Mitglieder vertreten – ihre ablehnende Haltung gegenüber der Regierungspolitik zum Ausdruck. Rund 5.000 behinderte Menschen, ihre Freunde und viel Prominenz waren dem Aufruf der Veranstalter gefolgt.
„Dies war ein deutliches Signal an Frau Andrea Nahles (SPD), dass ihr Entwurf zum Bundesteilhabegesetz von der Behindertenbewegung nicht akzeptiert wird“, so Dominik Peter (Vorsitzender des Berliner Behindertenverbandes). Noch deutlichere Worte fand Sigrid Arnade (Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben). Sie sprach von „einer Verarschung“.
Das Interesse an der diesjährigen Protestveranstaltung war vorallem deshalb enorm, weil gleich zwei völlig unzureichende Gesetzte – das Behindertengleichstellungsgesetz und das Bundesteilhabegesetz – aus Sicht behinderter Menschen eine Zumutung sind.
Am Brandenburger Tor fand eine Diskussionsrunde statt, bei der die behindertenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktionen befragt wurden. Hier wurde vor allem kräftig gepfiffen als Kerstin Tack von der SPD versuchte, die Masse zu beschwichtigen, dass das Gesetz ja noch nicht im Bundestag zur Beratung stehe und man dies intensiv diskutieren werde. Es sei ja erst ein Entwurf des Ministeriums. Die CDU/CSU hat sich erst gar nicht blicken lassen, denn Ausflüchte in andere Themen, wo man auf Bundesebene kaum Zuständigkeiten hat, wie in so manchen Presseerklärungen im Vorfeld des Protesttages geschehen, hätte ihnen dieses Mal niemand durchgehen lassen. Der Fokus war klar: „Dies ist nicht mein Gesetz“, „wir lassen uns nicht verarschen“ und „die Privatwirtschaft muss zur Barrierefreiheit verpflichtet werden“. Und genau da hat der Bundestag nämlich eine klare Zuständigkeit. 77 Prozent der Bevölkerung sind einer von der Aktion Mensch in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage zufolge nämlich für klare gesetzliche Regelungen zur Barrierefreiheit. Doch auch diese Zahl hat die Regierungskoalition bisher nicht beeindruckt. „Sieben Jahre nach in Kraft treten der UN-BRK ist der Inhalt der Menschenrechtskonvention noch nicht im Kopf von Ministerin Andrea Nahles angekommen. Eine Politik der schwarzen Null zu Lasten der behinderter Menschen, die durch die jetzige Gesetzeslage in Armut gehalten werden, ist nicht mehr tolerabel und der entwurf des Bundesteilhabe Gesetzes ändere daran nichts“, so Dominik Peter auf dem gestrigen Protesttag.
An der Veranstaltungen nahmen unter anderem folgende Persönlichkeiten teil:
–Behindertenbewegung: Raoul Krauthausen (Sozialhelden), Dr. Sigrid Arnade (Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben), Dr. Ilja Seifert (Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland) und Dominik Peter (Berliner Behindertenverband), Gerwin Matysiak (Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter) und Helmut Vogel (Deutscher Gehörlosen-Bund).
-Politik: Verena Bentele (Beauftragte des Bundes für die Belange behinderter Menschen, nur am BKA), Corinna Rüffer (Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grüne), Katrin Werner (Bundestagsfraktion Die Linke), Kerstin Tack (Bundestagsfraktion SPD). Vom Berliner Abgeordnetenhaus waren folgende Abgeordnete dabei: Jasenka Vilbrandt (Bündnis 90/Die Grünen), Elke Breitenbach (Die Linke), Regina Kittler (Die Linke), Alexander Spieß (Piraten) und Rainer-Michael Lehmann (SPD).
-Verbände: Dr. Ulrich Schneider (Geschäftsführer Paritätischer Gesamtverband), Ulrike Pohl (Parität – Landesverband Berlin, siehe Foto links) und Ursula Engelen-Kefer (SoVd).
„Der Protesttag erlebte in diesem Jahr im Vorfeld und am Tag selber eine großartige Medienberichterstattung, die der Berliner Behindertenverband angeschoben hat“, so Dominik Peter. Zahlreiche Radiosender strahlten Beiträge aus (u.a. Fritz Radio, Deutschlandradio, Inforadio). Auch viele Tageszeitung berichteten über den Protesttag und die damit verbundenen Themen (u.a. TAZ, Neues Deutschland, Morgenpost). Selbst das Fernsehen berichtete über die angestossenen Themen (RBB Abendschau, RBB Ländermagazin). Hier eine kleine aber interessante Auswahl:
- TAZ: TAZ
- Rbb24: RBB Online
- Morgenpost: Morgenpost
- Berliner Zeitung: Berliner Zeitung
- Neues Deutschland: Neues Deutschland
„Dies alles wäre nicht möglich gewesen, wenn wir nicht viele Unterstützer gehabt hätten. Die Organisation des Protesttag verschlang rund 50.000 Euro. Der größte Teil des Geldes wurde durch Spenden aufgebracht, wofür wir uns herzlich bedanken“, so Petra Mach (stellv. Vorsitzende des Berliner Behindertenverbandes). Einige Spender stellen wir vor:
- Mechthild Rawert (SPD-Bundestagsabgeordnete)
- Klaus Mindrup (SPD-Bundestagsabgeordneter)
- Stefan Liebig (Bundestagsabgeordneter Die Linke)
- BioMarkt Roland Geist
- wheels4wheels PlegiCar Sharing
- Stiftung zur Förderung der Inklusion durch Mobilität (IDM)
- Parität – Landesverband Berlin
- Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin
Und weitere Spender, die nicht genannt werden möchten!
Bilder vom Protesttag 2016