Unerhört macht Schule

Bildungsangebote für taube, schwerhörige und hörende Menschen.

von: Petra Kellermann (Geschäftsführerin unerhört e.v.)

xSeit Gründung des Vereins unerhört e.v. im Jahr 1999 bieten wir bereits Gebärdensprachkurse  an, die von qualifizierten Gebärdensprachdozenten durchgeführt werden. Die Kurse  DGS I – X werden hauptsächlich von hörenden Teilnehmer-innen besucht, gelegentlich aber auch von Schwerhörigen oder Ertaubten, die mit Lautsprache aufgewachsen sind, sich aber durch die Gebärdensprache einen weiteren Kommunikationsweg öffnen wollen. Die Kurse sind kostenpflichtig und werden von den Teilnehmer-innen selbst bezahlt. In Ausnahmefällen übernimmt das Sozialamt oder das Jugendamt die Kosten für DGS-Kurse.

Im Laufe der letzten Jahre hat sich das Programm unseres Trägers immer mehr in Richtung Bildung für taube und schwerhörige Menschen entwickelt: Unsere „Elternschule in Deutscher Gebärdensprache“ wird bereits im dritten Jahr durchgeführt. Einmal im Monat, immer samstags, treffen sich 10 – 12 Familien. Die Eltern werden zu Themen wie Erziehung, Entwicklungsstufen der Kinder, Mediengebrauch, Kinderschutz, Sicherheit im Haushalt u.v.m. von zwei Referentinnen geschult, diskutieren darüber und beraten sich gegenseitig. Die Kinder werden parallel von drei pädagogisch qualifizierten Fachkräften betreut.

Kontinuierliche Teilnahme über einen langen Zeitraum, lebhafte und offene Beteiligung an den Diskussionen – das Konzept der Elternschule hat sich bewährt. Und mehr noch – inhaltlich wurden neue Schwerpunkte gesetzt, entstanden durch die vermehrt auftretende Konstellation der teilnehmenden Familien: gehörlose, bzw. schwerhörige Eltern mit ihren hörenden Kindern. Neben den bisherigen Themen geht es in der weiteren Projektumsetzung  im Besonderen um das Leben in zwei Kulturen, die Unterschiede in diesen Kulturen an Beispielen zu erkennen, zu erklären und gegenseitiges Verständnis zu entwickeln.
Die Werner-Coenen-Stiftung unterstützt das Projekt bereits seit 2012. Ab 2015 wird eine Finanzierung durch die Jugendämter Familienbezogen als Hilfe zur Erziehung angestrebt.
Für taube und schwerhörige Migranten führt unerhört e.v. seit 2011 Integrationskurse durch, die durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert werden. Unterrichtssprache ist die Deutsche Gebärdensprache, die Dozentinnen sind hörend und verfügen über eine sehr gute Gebärdensprachkompetenz. In kleinen Gruppen von 5-8 Personen lernen die Teilnehmer-innen  zunächst DGS, um sich dann mit der Deutschen Schriftsprache auseinander zu setzen. In der Regel stehen den Lernenden 900 Unterrichtsstunden zur Verfügung, die in ca. 15 Monaten absolviert werden. Der Kurs wird mit einer Prüfung abgeschlossen. Danach kann zusätzlich ein Orientierungskurs mit 60 Stunden Unterricht belegt werden.
Unser Projekt „Deutsch  – lesen und schreiben“, Unterricht für taube und schwerhörige Menschen mit sprachlichem Förderbedarf wendet sich an Personen, die Probleme mit der Deutschen Schriftsprache haben (Textverständnis, Grammatik, Satzbau, Wortschatz…) und keinen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs haben. Da der Förderbedarf sehr unterschiedlich ist (von Basisförderung bis „Feinschliff“), findet der Unterricht als Einzelunterricht oder in kleinen Gruppen von 2-3 Personen statt. Dieser Kurs ist kostenpflichtig, Anträge auf Kostenübernahme können bei verschiedenen Kostenträgern beantragt werden, wir beraten und unterstützen Sie dabei gern. Das Projekt wird von 2013 – 2016 gefördert durch die Aktion Mensch.
Vom 12. -14. September 2014 findet unser „CODA-Wochenend-Workshop“ statt. Thema des diesjährigen Workshops ist „Wer ist hier der Boss?“, Elternrolle vs. Kinderrolle.
Taube und schwerhörige Eltern setzen sich mit ihrer Rolle als verantwortungsvolle, selbstbewusste, hörgeschädigte Eltern auseinander. Erfahrene hörende und taube Referenten geben den Input, die Eltern arbeiten in Kleingruppen und im Plenum am Thema. Der Workshop wird in DGS durchgeführt. Die Kinder werden parallel durch pädagogische Fachkräfte betreut und arbeiten auf spielerische Weise am selben Thema. Sie setzen sich mit ihrer speziellen Rolle als Kinder hörgeschädigter Eltern und ihrem Leben in zwei Welten auseinander und erleben in der Gemeinschaft, dass sie in dieser Situation nicht allein sind. Der Workshop findet in der Jugendherberge in Bad Saarow statt. Die Förderung durch die Aktion Mensch macht die Durchführung dieses Projektes erst möglich. Die Familien tragen nur ihre eigenen Kosten für Unterkunft und Verpflegung.

Weitere Informationen zu unseren Bildungsangeboten und weiteren Arbeitsbereichen finden Sie unter: www.unerhoert-berlin.org oder Mail: kontakt@unerhoert-berlin.org  Tel.: 510 670 80.