Unsere Reise nach Vilajoyosa

Was BBZ-Leser Klaus Broschei auf seiner Reise erlebte

von: Berliner Behindertenzeitung

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Klaus Broschei und seine Frau (links im Bild).

Vom 24. April bis 9. Mai 2015 verbrachte meine Frau und ich unseren Urlaub in Spanien. „Das ist nichts Besonderes“, wird man denken. Doch es gibt da – glaube ich – gewisse Unterschiede zum „Normalo“: Ich lebe mit progressiver Muskeldystrophie, habe Pflegestufe 3, kann nicht laufen, nutze einen E-Rollstuhl „Permobil C-500 S Corpus Lowrider“ mit einem Gewicht von 181 kg – der „normale“ C-500 wiegt 157 kg. Ich bin zudem sehr bewegungseingeschränkt, ca. 1,85 m groß und wiege etwa 110 kg. Der Leser kann sich vorstellen, dass meine Frau sehr viel Zeit „mit mir“ verbringt. Deshalb wollte ich sie auch mal im Urlaub entlasten.

Wir suchten nach Möglichkeiten, für meine Frau einen Urlaub, auch von der Pflege, zu organisieren. Barrierefreie Hotels mit Hilfsmittelverleih gibt es viele. Doch welches kam für uns in Frage? BSK-Reisen empfahl uns das Resort Ballesol an der Costa Blanca. Die Pflege läuft allerdings über bmResorts Holiday & Care Resorts. Dies ist eine externe Firma in der Anlage von Ballesol in Villajoyosa.

Das Hotel liegt ca. 150 Meter vom Strand entfernt an der Cala Finestrat in Benidorm. Es hat sich auf die Pflege von Senioren und Schwerbehinderten spezialisiert. Ärztliche Versorgung wird durch einen Vertrag mit einer Arztpraxis angeboten. Das Pflegeteam besteht aus ausgebildeten Krankenschwestern und -pflegern aus Holland, die sich ständig weiterbilden. Die Pflege wird, wenn gewünscht, rund um die Uhr gewährleistet. Im Resort sind Hilfsmittel vorhanden, nicht immer die neuesten, aber alle funktionstüchtig. Über BSK hatten wir bereits ein Pflegebett, einen Lifter und einen Duschtoilettenstuhl bestellt. Es sind zwei Lifter vorhanden, es kann also auch mal zu Abstimmungen bei der Nutzung kommen. In unserem Reisegepäck befindet sich immer ein Liftertuch mit langem Rücken sowie eine elektrische AD-Matratze von AKS samt Steuerteil. Dies hätten wir zu Hause lassen können.

Die Pflege ist bezahlbar. Wir nutzten die Morgenpflege. Aufgrund meiner Immobilität waren meist zwei Pfleger im Einsatz. Trotzdem zahlten wir pro Stunde nur 22,00 Euro. Es wurde ein Zeitnachweis, auf fünf Minuten genau, geführt. Und: Es wurde auf meine Bedürfnisse eingegangen. Da wir im Urlaub waren, hatten die Pfleger natürlich auch nicht den Zeitdruck, den eine Hauskrankenpflege hat. Meine Frau konnte in dieser Zeit ihre Wassergymnastik im hoteleigenen Schwimmbad durchführen und sich entspannen. Dieses Schwimmbad hätte ich auch nutzen können. Ein Deckenliftsystem zwischen Schwimmbad und einem der beiden Jacuzzi ist mit Liftertuch nutzbar.

Das Resort hat einen rollstuhlgerechten Bus, in dem ein elektrischer Hublift für Lasten bis 400 kg eingebaut war. Ich hatte also keine Probleme bei Ausflügen oder beim Flughafentransfer. Der Transfer zu Ausflügen wurde zwar nicht auf Zuruf gewährleistet, jedoch immer zeitnah realisiert. Meine Frau und ich haben fünf Besichtigungsausflüge durchgeführt. Einmal fuhren wir zu einem Gartenkonzert, zu dem privat eingeladen wurde. Es war wunderschön: Villa, schöner Garten, klassische Musik, zwei exzellente international anerkannte Musiker. Natürlich, wie man das auch so kennt, mit Sektempfang und „Häppchen“. Ein anderes Mal haben wir die Leiterin des Resorts gebeten, für uns Karten für eine Show im „Benidorm Palace“ zu besorgen. Die Show war eine Dinershow mit Sekt und Wein und begann um 20.30 Uhr. Zum Ende der Show, gegen 0.30 Uhr, wurden wir wieder mit dem Bus abgeholt. Natürlich schliefen wir am nächsten Tag länger, ganz unbürokratisch wurde das Pflegeteam eine Stunde später bestellt.

Hervorheben möchte ich das große Engagement der Leiterin des Resorts, Frau Marja Flens, sowie ihres Teams. Es ist ein kleines Team, das aufmerksam und achtsam mit seinen Kunden umgeht. Wenn irgendein Problem erkennbar war, waren alle bemüht, es zu lösen. Ein Rollstuhlfahrer aus Arnheim hatte, wahrscheinlich aufgrund von falscher Behandlung des Rollstuhls durch das Flughafenpersonal, einen Defekt an einem Rad. Das Team bemühte sich um eine Lösung. Da „nur“ ein neuer Schlauch nicht ausreichte, musste ein neues Rad besorgt werden. Das war nicht so einfach, da der Rollstuhl nicht mehr der neueste war. Aber sie schafften es. Der junge Mann nutzte in der Zwischenzeit einen Rollstuhl vom Resort.

Abschließend möchte ich noch einmal bekräftigen, dass dieses Hotel sich gut für eine „Verhinderungspflege“ eignet. Oft wird argumentiert: ich sei zu schwer behindert, im Ausland klappt das dann nicht so wie zu Hause, ich brauche schließlich Pflege. Ich zitiere aus einem Flyer des Resorts: „Unser Team kann alle Formen von Pflege bieten.“ Auch Reaktivierung nach Hüft- oder Knie-OP, Dialyse, Stoma- und Wundpflege kann gewährleistet werden. Selbst Physiotherapeuten können bestellt werden. Das Team spricht außer Holländisch Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch und ein bischen Norwegisch (falls jemand im Urlaub noch Sprachen lernen möchte, es ist keine Sprachreise erforderlich). Deutsch wird, zum Leidwesen der Pfleger, selten benötigt. Vielleicht ändert sich das ja, wenn mehr Behinderte dort Urlaub machen. Das Team um Frau Flens kann Einzelgäste und Gruppen bis zu 100 Personen aufnehmen.