Das System der gesetzlichen Betreuung weist deutliche Mängel auf. Das ist das Ergebnis einer Recherche von hr-iNFO. Demnach ist nicht gewährleistet, dass alte und kranke Menschen die Unterstützung bekommen, die ihnen gesetzlich zusteht. Ein Schwachpunkt: Betreuer kümmern sich um zu viele Menschen gleichzeitig. So stieß hr-iNFO bei seinen Recherchen auf Mitarbeiter, die eine Vormundfunktion für bis zu 130 Personen übernommen haben. Der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein kommt in einem Bericht zur Qualität der Betreuung, der hr-iNFO vorliegt, allerdings zu dem Schluss, dass grundsätzlich nicht mehr als 70 Fälle an Betreuer zu vergeben sind. Nur so sei gesichert, dass „die Betreuung ordnungsgemäß und gesetzeskonform zum Wohle der Betreuten geführt werden“ könne.
Zu viele Fälle, zu wenig Kontrolleure
Ein weiteres Problem ist die gesetzlich vorgesehene Kontrolle der Betreuung durch die Gerichte. Nach Recherchen von hr-iNFO ist zweifelhaft, dass diese Kontrolle immer funktioniert. So hat eine Umfrage des Senders bei hessischen Gerichten ergeben, dass Kontrolleure in Einzelfällen mehr als 1300 Fälle im Jahr überwachen. Ein Kontrolleur müsste damit im Schnitt sechs Fälle täglich überprüfen. Der Fachverband Betreuungsgerichtstag warnt deswegen davor, dass unter solchen Bedingungen eine Kontrolle im Sinne der Betroffenen „viel zu kurz“ käme. Auch der Bund der Deutschen Rechtspfleger spricht von einer Überlastung der zuständigen hessischen Amtsgerichte.
In Deutschland haben mehr als eine Million Menschen einen sogenannten „gesetzlichen Betreuer“, also eine Person, die ihre Angelegenheiten regelt, weil sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Gesetzliche Betreuung bedeutet in vielen Fällen nicht nur notwendige Hilfe, sondern auch einen tiefen Eingriff in die Selbstständigkeit. Deshalb werden gesetzliche Betreuer nicht nur gerichtlich bestimmt, sondern sollen auch seitens der Justiz kontrolliert werden.