Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Verfahrensregeln beschlossen, nach denen Patientinnen und Patienten zukünftig vor bestimmten geplanten Eingriffen eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen können. Geregelt wurde im Zuge dessen auch, über welche besonderen Qualifikationen zweitmeinungsgebende Ärztinnen und Ärzte verfügen müssen und welche genauen Aufgaben sie haben. Der G-BA legte am Donnerstag in Berlin zudem die ersten Eingriffe fest, für die das strukturierte Zweitmeinungsverfahren angewendet werden kann. Hierbei handelt es sich um Eingriffe an den Gaumen- und/oder Rachenmandeln (Tonsillektomie, Tonsillotomie) und Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien).
„Im Zentrum des Zweitmeinungsverfahrens steht die ärztliche Beratung der Patientin oder des Patienten über Therapiealternativen. Dies sollte eigentlich schon Thema im Rahmen der Erstmeinung sein“, sagte Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung. „Einige gesetzliche Krankenkassen bieten schon seit längerem Zweitmeinungsverfahren an, der Rechtsanspruch hierauf wurde jedoch erst im Jahr 2015 in das SGB V eingeführt. Die neue Richtlinie des G-BA legt fest, welche Ärzte für die Einholung einer Zweitmeinung in Frage kommen: Entscheidend ist hierbei die ärztliche Unabhängigkeit von etwaigen wirtschaftlichen Interessen an der Durchführung des Eingriffs.“
Die Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren tritt nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Für Patientinnen und Patienten stellt der G-BA dann auf seinen Internetseiten ein Merkblatt zur Verfügung, in dem die Einzelheiten des Verfahrens erläutert werden.
Das Zweitmeinungsverfahren kann als ambulante Leistung erst dann von Ärzten erbracht und von Patientinnen und Patienten in Anspruch genommen werden, wenn der Bewertungsausschuss über die Höhe der Vergütung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab entschieden hat.
Hintergrund: Mit Inkrafttreten des Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG) im Juli 2015 haben gesetzlich krankenversicherte Patientinnen und Patienten vor bestimmten medizinischen Eingriffen einen Rechtsanspruch auf Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung. Die Neuregelung in § 27 b SGB V betrifft Versicherte, „bei denen die Indikation zu einem planbaren Eingriff gestellt wird, bei dem insbesondere im Hinblick auf die zahlenmäßige Entwicklung seiner Durchführung die Gefahr einer Indikationsausweitung nicht auszuschließen ist“. Der G-BA ist gesetzlich beauftragt, in einer Richtlinie zu konkretisieren, für welche planbaren Eingriffe der Anspruch auf eine Zweitmeinung nach § 27b SGB V besteht und indikationsspezifische Anforderungen an die Abgabe der Zweitmeinung sowie an die Erbringer einer Zweitmeinung festzulegen.